Regelmäßig sind unsere Kollegen vom Resort Vorsorgemanagement mit der Frage konfrontiert, ob eine Kündigung einer betrieblichen Altersvorsorge möglich ist.

Üblicherweise sind es die Arbeitnehmer, die sich die Frage stellen, ob Sie die Rückkaufswerte in Ihrer betrieblichen Altersvorsorge ausbezahlen lassen können. Nicht zuletzt durch das Inflationsgeschehen hat die Häufigkeit dieser Anfragen deutlich zugenommen.

Soll eine bestehende betriebliche Altersversorgung (bAV) gekündigt werden, sind wichtige Punkte zu beachten. Diese sollen im Folgenden aus rechtlicher Sicht näher dargestellt werden:

Der Arbeitgeber kündigt eine bAV in der Regel, weil er mit dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer die Abfindung der bAV vereinbaren möchte. Kündigt der Arbeitgeber sie ohne Grund, macht er sich ggf. gegenüber dem Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig. An dieser Stelle möchten wir bereits darauf hinwiesen, dass geschäftsführende Gesellschafter arbeitsrechtlich als Unternehmer gelten und diese Personengruppe nicht den Regelungen des Betriebsrentengesetz unterliegt. Im Folgenden gehen wir davon aus, dass die Kündigung der bAV zum Zweck der Abfindung im laufenden Arbeitsverhältnis erfolgt und das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt ist.,

 

Sinn und Zweck der Abfindung

Eine Abfindung von Anwartschaften im laufenden Arbeitsverhältnis kann sich dann anbieten, wenn ein Versicherungsvertrag langfristig nicht geeignet ist, die Altersvorsorge für den Pensionsberechtigten sicher zu stellen. Dies kann beispielweise dann der Fall sein, wenn die vertraglichen Kosten des Versicherungsvertrages zu hoch sind und damit die Performance nach Kosten erheblich geschmälert ist. Denkbar ist auch, dass der Versicherer das Deckungskapital beispielsweise in volatile Wertpapiere anlegt und das Risiko eines Verlustes zum Ende der Vertragslaufzeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit größer ist als mögliche Chancen der Kapitelmehrung. Erwähnung finden sollten auch die zunehmende Zahlungsunfähigkeit und aufsichtsrechtliche Abwicklung von Pensionskassen und Unterstützungskassen. Darüber hinaus bietet sich die Abfindung an, wenn der Arbeitnehmer über Liquidität verfügen muss, um beispielsweise eine wirtschaftliche Schräglage zu verhindern.

 

Steuerliche Folgen

In steuerlicher Sicht führen die Kündigung der Versorgung und die Auszahlung des Rückkaufswertes an den Versorgungsberechtigten bei diesem zu einem steuerlichen Zufluss. Folgende Fallvarianten sind dabei zu unterscheiden:

  1. a) Direktversicherung/Pensionskasse mit steuerfreien Beiträgen gem. § 3 Nr. 63 EStG (Vertragsabschluss i.d.R. nach dem 01.01.2005 – heutiger Regelfall)
  2. aa) Unabhängig von der Art des Bezugsrechtes und dem Vorliegen von arbeitsrechtlich verfallbaren oder unverfallbaren Ansprüchen bleibt es bei der ehemaligen Steuerfreiheit der geleisteten Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG, wenn die Direktversicherung/Pensionskasse für die Zukunft beendet wird.

Die Zahlung des Versorgungsträgers an den Arbeitnehmer stellt in vollem Umfang sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 5 EStG dar. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Auszahlungsbetrag von dem Versorgungsträger direkt an den Arbeitnehmer gezahlt wird oder ob eine Auszahlung an den Arbeitgeber erfolgt, der den Betrag dann entsprechend weiterleitet.

  1. b) Direktversicherung/Pensionskasse mit pauschal besteuerten Beiträgen gem. § 40b EStG
  2. aa) Unwiderrufliches Bezugsrecht mit Vorbehalt, bei dem der Vorbehalt nicht mehr greift bzw. arbeitsrechtlich unverfallbare Ansprüche:

Die Lohnsteuerpauschalierung nach § 40b EStG bleibt bestehen.

Wurde der Vertrag vor dem 01.01.2005 abgeschlossen, gilt für die Leistungsbesteuerung folgendes:

Die Auszahlung des Rückkaufswerts an den Arbeitnehmer ist bei diesem steuerfrei, wenn die Versorgung mindestens 12 Jahre bestanden hat und eine mindestens 5-jährige Beitragszahlungsdauer vereinbart war.

Die Auszahlung des Rückkaufswerts an den Arbeitnehmer vor Ablauf von 12 Jahren führt zur Steuerpflicht der rechnungs- und außerrechnungsmäßigen Zinsen gem. § 22 Nr. 5 Satz 2 i.V.m. § 20 Abs.1 Nr. 6 EStG (a. F.)

Wurde der Vertrag nach dem 31.12.2004 abgeschlossen (Ausnahmefall), gilt folgendes:

Die Auszahlung des Rückkaufswerts an den Arbeitnehmer führt zu steuerpflichtigen Einnahmen gem. § 22 Nr. 5 i.V.m. § 20 Abs.1 Nr. 6 EStG. Steuerpflichtig ist als Ertrag grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen der ausgezahlten Versicherungsleistung und der darauf entrichteten Beitragssumme. Nur der hälftige Unterschiedsbetrag zwischen der ausgezahlten Versicherungsleistung und der darauf entrichteten Beitragssumme ist steuerpflichtig, sofern mindestens eine Laufzeit von 12 Jahren eingehalten wurde und die Auszahlung frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahrs des Arbeitnehmers erfolgt.

  1. bb) Bezugsrecht ist widerruflich (bzw. unwiderrufliches Bezugsrecht mit Vorbehalt) und arbeitsrechtlich verfallbare Ansprüche:

Eine Auszahlung an den Arbeitnehmer ist lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn und daher von diesem gem. § 19 EStG zu versteuern.

 

Sozialversicherungsrechtliche Folgen

 

Der Versorgungsberechtigte ist gesetzlich krankenversichert

Im Fall der Kündigung im laufenden Arbeitsverhältnis ist von der Zahlung eines einmaligen Arbeitsentgeltes auszugehen. Dieses ist nach den dafür geltenden Grundsätzen zu verbeitragen. Eine Verbeitragung findet vorgezogen statt. In jedem Fall erfolgt die Verbeitragung bei regulärer Fortführung der betrieblichen Altersvorsorge zum Vertragsende zum Rentenbeginn.

Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung entspricht nach § 223 Abs. 3 SGB V bzw. § 55 Abs. 2 SGB XI der besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze, die in § 6 Abs. 6 SGB V geregelt ist. Liegt der Verdienst des Begünstigten oberhalb dieser Beitragsbemessungsgrenze erfolgt keine weitere Verbeitragung der Abfindung.

 

Der Versorgungsberechtigte ist privat krankenversichert

Im Fall der Kündigung im laufenden Arbeitsverhältnis ist von der Zahlung eines einmaligen Arbeitsentgeltes auszugehen. Dieses ist nach den dafür geltenden Grundsätzen nicht zu verbeitragen, denn der Versorgungsberechtigte hat sich privat einkommensunabhängig versichert.

 

Ergebnis

Wird eine betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen der Direktversicherung oder Pensionskasse im Rahmen der Abfindung im laufenden Arbeitsverhältnis gekündigt, hat der Versorgungsberechtigte die Auszahlung bei Vertragsabschluss nach dem 01.01.2005 i.d.R. als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 5 EStG zu versteuern. Ist der Begünstigte gesetzlich krankenversichert, ist die Auszahlung zu verbeitragen, wenn der Verdienst unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt.

 

Hinweise zur praktischen Vorgehensweise

Sofern sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter Abwägung der Vor- und Nachteile für eine Kündigung und Abfindung entscheiden, empfiehlt das Kollegium von Vorsorgemanagement ausdrücklich den ggf. anfallenden Abzug von Steuer- und Krankenversicherungsbeiträgen im Monat der Abfindung als „Abfindungsbetrag“ in der Lohn-/Gehaltsabrechnung zu erfassen und zu verbeitragen. Zwar ist eine Versteuerung auch erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung zulässig, aus Gründen der Prozesstransparenz, -nachhaltung und Nachbearbeitung empfehlen wir – im Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteresse – den Vorgang im Rahmen der Gehaltsabrechnung abzuschließen. Zu beachten ist somit der Eintritt eines finanziellen Schadens der durch eine Abfindung bei Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer anfällt.

 

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